Invasion der Barbaren

Das intellektuelle Gebrechen der neuen akademischen Mittelklasse ist der grundsätzliche Glaube daran, dass eine Welt möglich sein könnte, in der es keine körperlichen und psychischen Schmerzen, keinen sexuellen Missbrauch, keine erzwungene Unterdrückung von Wünschen, keine Umweltverschmutzung, keine Tierquälerei, keine ökonomische Ausbeutung und auch kein Gefühl der Zurücksetzung mehr gibt.

Diese fromm-infantile Vorstellung, die vor allem von den Verheißungen des technologischen Fortschritts angetrieben wird, könnte prinzipiell Nahrung für einen neuen, derzeit noch utopischen Humanismus abgeben.

Wäre sie nicht gepaart mit einer erschreckend hedonistischen Haltung, die Kreativität und einen ästhetisierten Lebensstil zur Grundlage des eigenen Handelns macht und damit die meisten Menschen, die dem Zwang der ständigen Neuerfindung des Selbst nicht entsprechen können, in die Depression jagt.

Fetisch der Luxus-Mittelmäßigkeit


Während sich die so unter Dauerstress gesetzten Erwachsenen mit möglichst individuellen Urlaubsreisen, angeblich nachhaltiger Ernährung und lustoptimiertem Sex ablenken - und sich ihren tiefsitzenden Wunsch nach gefestigter Bürgerlichkeit mit den Massenprodukten einer perfiden Luxus-Mittelmäßigkeit („Premium Economy Class“) erfüllen - leiden vor allem die Kleinen.

Sie werden schon in der Wiege mit „spielförderndem“ Klimbim auf einen Markt vorbereitet, der dem sozialen Wandel mit dem Irrglauben begegnet, dass ein Vielmaß an Bildung jede gesellschaftliche Ungerechtigkeit hinfort zaubert. Kein Geigenunterricht und keine Fahrradtour ohne Hintergedanken mehr.

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