David Lynch von A-Z: Rita
Es ist eine der Schlüsselszenen in „Mulholland Drive“, die den Film als Hommage und tragikomische Parodie auf die großen Zeiten der Traumfabrik (und vor allem auch „Sunset Boulevard von Billy Wilder) positioniert: Weil eine Frau nach einem Autounfall ihr Gedächtnis verloren hat und nicht mehr weiß, wie sie heißt, erblickt sie ein Poster des Films „Gilda“ mit Rita Hayworth und nennt sich von dem Zeitpunkt an „Rita“;
Man hat es Lynch oft vorgeworfen, dass seine Frauenfiguren mit einer gewissen Holzschnittartigkeit bestimmte Rollen einnehmen, oft im Kontrast zueinander die naive, asexuelle Blonde und die geheimnisvolle, sexuell vielseitige Brünette. Natürlich geht dieser Vorwurf niemals vollständig auf (man denke nur an die ambivalente weibliche Besetzung in „Twin Peaks“), doch Tatsache ist, dass Lynch die Frauen in seinen Filmen mit großer Zärtlichkeit und auch einer gewissen Neugierde betrachtet.
Geheimnisumwitterte Frauenfiguren
Wie und warum sie handeln, ist stets das größte Geheimnis in seinen Filmen. Dabei hatte der Regisseur auch ein fantastisches Händchen für die Besetzung, setzte Laura Dern mit „Blue Velvet“, „Wild At Heart“ und „Inland Empire“ ein Denkmal (versuchte sogar auf originelle Weise einen Oscar für sie zu erkämpfen) und entdeckte die faszinierend wandlungsfähige Naomi Watts.
Gerade in „Mulholland Drive“ wird der stets männlich konnotierte Blick auf die (willige, allzeit verfügbare) Frau im Hollywood-Film mit perfider Konsequenz der Lächerlichkeit preisgegeben und sinnlos gemacht. Hier herrschen nicht die freudianischen Kategorien des von Männern erträumten Traumfabrik-Weltbildes, sondern die Einsichten einer wohl tragisch gescheiterten Schauspielerin.
Nach Ingmar Bergman mag Lynch wohl einer der anspruchsvollste „Frauen-Regisseure“ sein - und das obwohl in seinen Werken den Frauen oft große Gewalt angetan wird. Wie passend, dass sich der Filmemacher in „Inland Empire“ mit einer grandiosen, minutenlangen Sequenz vor dessen Meisterwerk „Persona“ verneigte und damit auch all die großen Sterbesequenzen in den Filmen von Quentin Tarantino alt aussehen ließ.