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Facebook - eine Stilkritik



Das ästhetische Grundproblem von Facebook ist seine ausgesprochene Harmlosigkeit. Nirgendwo gibt es Zuspitzung, die Worte und Bilder, die Videos und Witzchen rollen einfach so ein virtuelles Band hinab. Warum gibt es keine Uhren im sozialen Netzwerk, ja nicht einmal eine Datumsanzeige (außer die Stunden- und Minutenzahl der eingestellten Beiträge und der jeweiligen Onlinezeit der Nutzer)?

Wenn es inzwischen schon möglich ist, Nutzer als besondere Freunde zu markieren, warum können nicht auch privilegierte Kommunikationsträger ausgewählt werden? Schließlich sind es vor allem auch die Firmen und Musikbands, die Fußballmannschaften und Fanseiten, die unablässig Neuigkeiten teilen, und seien sie auch noch so unbedeutend. Das verstopft die Kanäle. Auch hier ist vieles wie im wahren Leben: Manche Menschen mag man – aber möchte man auch ständig ihr Geplapper ertragen? Und wenn dann auf den gängigen Smartphone-Apps von Facebook in einer Reihe nur die neuesten Highscores von Freunden, die sich den Tag mit irgendwelchen Rollenspielen bei Facebook vertrieben haben, aufgezählt werden und dazu noch Werbenachrichten der geliebten Brause oder der angefeuerten Fußballmannschaft folgen, dann ist dieser Datenmatsch kaum zu ertragen. 

Unendlich praktisch ist es, dass über Facebook bei den richtig ausgewählten Nachrichtenseiten die entscheidenden Neuigkeiten stets sofort verfügbar sind. Aber auch hier entsteht ein Leerlauf, der unerträglich werden kann. Um wie vieles wertvoller wäre es, wenn auch hier – wozu sammelt Facebook denn Daten über seine Nutzer? – angezeigt würde, was den individuellen User tatsächlich interessiert. So bekäme Facebook eine Relevanz für seine Nutzer, die dem Netzwerk bisher abgeht. 

Nicht anders ist es bei der Weiterverwendung von Inhalten. Bunt mag geteilt werden, was gefällt, aber eine anständige Zitierfunktion, die auch nur Teile eines Inhaltes auf der eigenen Nutzerseite für andere sichtbar macht (oder vielleicht sogar dort, wo etwas für spannend befunden wird, z.B. mit gelber Markierung, die einen Verweis auf den Markierer trägt) fehlt nach wie vor.

Der Erfolg von Facebook lässt sich ganz einfach erklären. Das Netzwerk erfüllt vorbildlich die Grundsätze der Meinungsmache im Internet, wie sie Max Lisewski einmal festgehalten hat: Fasse dich kurz, sei bildhaft und symbolisch, erzähle eine Geschichte, vereinfache und übertreibe. 

Aber trotz der diversen Möglichkeiten, sich auszudrücken, fehlt der Freiraum für ästhetische Finessen. Es herrscht das dumpfe Blau-Weiß-Denken einer Firma, die zwar von der Freiheit schwadroniert, aber tatsächlich alle Inhalte, die sie aufbereitet, unter das Diktat einer mysteriösen Eintönigkeit stellt.

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