Zeitenwende (4)
Wettbewerb ist der Schmierstoff demokratischer Gesellschaften. Ob sich nun Sportler in der Arena duellieren, Schüler in der Schule mit Noten gegenüber anderen ihren geistigen wie gesellschaftlichen Status demonstrieren, Firmen ihre wirtschaftliche Potenz in Entwicklungs-Rankings untermauern oder Lebensmitteldiscounter mit dem allerniedrigsten Preis werben (oder Feinkosthändler mit dem höchsten) – allen wesentlichen menschlichen Erfolgen scheint ein Wettbewerb vorauszugehen. Nur wer am Wettbewerb teilnimmt, wird überhaupt beachtet. Wer sich dem Wettbewerb verschließt, schließt sich aus der Gesellschaft aus.
Egal, wie man es dreht und wendet, eine Welt ohne Wettbewerb ist nicht vorstellbar. Natürlich sind Fragen zur anthropologischen Verankerung eines Kampfes aller gegen aller, von Staat und Bürgertum angeblich domestiziert, willkommen. Es wären wichtige Fragen zum Zustand des Menschen am Anfang des dritten Jahrtausends. Fragen, die nicht gestellt werden, weil sie an das schmerzhafte Scheitern der großen Utopien des 20. Jahrhunderts erinnern. Dazu wären es ungehörige Fragen, weil sie die Hoffnung einer Freiheit, die auf individuelle Verwirklichung des Selbst setzt, einschränkt. So bleibt als letzte Utopie eine, die keine ist:
Wettbewerb führt zu Wachstum.
Es handelt sich um eine merkwürdige Vorstellung, weil der erhoffte Zustand ewigen Wachstums niemals erreicht werden kann, zugleich aber das höchste Ideal darstellt. Wachstum ist die letzte Sicherheit, die errungen werden kann, weil sie immer ein Weiterkommen bewirkt. Anders ausgedrückt, verbirgt sich hinter dieser Idee die gewünschte Unsterblichkeit des Menschen.
Es gibt zwei Arten, zwei Möglichkeiten des Wachstums: ein produktives und ein destruktives Wachstum. Es kennzeichnet beide Formen des Wachstums, dass sie sich überschneiden. Das heißt, dass es sowohl im produktiven Wachstum destruktive Tendenzen gibt, die für ein Wachsen in Kauf genommen werden müssen und gleichzeitig immer wieder einen Rückschritt bedeuten. Aber es heißt auch, dass ein destruktives Wachstum – vielleicht unbeabsichtigte – positive Folgen haben kann.
Ein schönes Bild für produktives Wachstum wäre die Reifung eines Menschen vom Kind zum Erwachsenen. Dieser Reifeprozess ist tatsächlich niemals beendet, findet aber nur unter vielfachen Regressionen in vormalige Entwicklungsstufen statt. Ein Schritt vorwärts kann mitunter bedeuten, dass man zwei Schritte zurückgeht.
Als eine Metapher für destruktives Wachstum könnte man zwei Krankheiten anführen, die sich als Geißel des modernen Menschen nicht besiegen lassen werden: Depression und Krebs.
Beide Krankheiten sind nicht zu überwinden, ohne dass der Erkrankte sein Leben radikal ändert.
Egal, wie man es dreht und wendet, eine Welt ohne Wettbewerb ist nicht vorstellbar. Natürlich sind Fragen zur anthropologischen Verankerung eines Kampfes aller gegen aller, von Staat und Bürgertum angeblich domestiziert, willkommen. Es wären wichtige Fragen zum Zustand des Menschen am Anfang des dritten Jahrtausends. Fragen, die nicht gestellt werden, weil sie an das schmerzhafte Scheitern der großen Utopien des 20. Jahrhunderts erinnern. Dazu wären es ungehörige Fragen, weil sie die Hoffnung einer Freiheit, die auf individuelle Verwirklichung des Selbst setzt, einschränkt. So bleibt als letzte Utopie eine, die keine ist:
Wettbewerb führt zu Wachstum.
Es handelt sich um eine merkwürdige Vorstellung, weil der erhoffte Zustand ewigen Wachstums niemals erreicht werden kann, zugleich aber das höchste Ideal darstellt. Wachstum ist die letzte Sicherheit, die errungen werden kann, weil sie immer ein Weiterkommen bewirkt. Anders ausgedrückt, verbirgt sich hinter dieser Idee die gewünschte Unsterblichkeit des Menschen.
Es gibt zwei Arten, zwei Möglichkeiten des Wachstums: ein produktives und ein destruktives Wachstum. Es kennzeichnet beide Formen des Wachstums, dass sie sich überschneiden. Das heißt, dass es sowohl im produktiven Wachstum destruktive Tendenzen gibt, die für ein Wachsen in Kauf genommen werden müssen und gleichzeitig immer wieder einen Rückschritt bedeuten. Aber es heißt auch, dass ein destruktives Wachstum – vielleicht unbeabsichtigte – positive Folgen haben kann.
Ein schönes Bild für produktives Wachstum wäre die Reifung eines Menschen vom Kind zum Erwachsenen. Dieser Reifeprozess ist tatsächlich niemals beendet, findet aber nur unter vielfachen Regressionen in vormalige Entwicklungsstufen statt. Ein Schritt vorwärts kann mitunter bedeuten, dass man zwei Schritte zurückgeht.
Als eine Metapher für destruktives Wachstum könnte man zwei Krankheiten anführen, die sich als Geißel des modernen Menschen nicht besiegen lassen werden: Depression und Krebs.
Beide Krankheiten sind nicht zu überwinden, ohne dass der Erkrankte sein Leben radikal ändert.