There Will Be Blood

Zu Beginn steht ein Mann, der mit der Spitzhacke massives Gestein bearbeitet. Er sucht etwas. Und er wird es finden. – Öl!

There Will Be Blood ist vielleicht das ergreifendste Kinoereignis dieses Jahrzehnts; es ist eine mutige, donnernde, sublime Auseinadersetzung mit dem Schmierstoff des amerikanischen Strebens nach Macht, Geld und Geltung. Vielmehr noch ist dieses gewaltige Porträt zweier Männer – nicht gut und böse, sondern zwei gleichsam der Gier verfallene Getriebene – ein wahngesteuertes Epos, das seinen Platz nur im Kino, auf der großen Leinwand, haben kann.
Kein Film in den letzten Jahren besaß den Mut, Amerika, den mythologischen Kern des amerikanischen Kapitalismus, derart zu entblößen und zu reduzieren auf eine Geschichte, deren Figuren – zugleich Archetypen des ewigen Fortschrittsgeistes und des entgegengesetzten und rückwärtsgewandten Strebens nach einem manifesten Glauben – im unendlichen Schlamm der Vergangenheit waten.

Unvergessliche, dringliche, dazu physisch spürbare Bilder findet der Film, lässt sie schweben und gleich wieder zerbrechen von erratischen Klangmustern, die bedrohlich und trotzdem majestätisch das Gezeigte unterstützen (komponiert von Radioheads Jonny Greenwood, inspiriert von Arvo Pärt und Krzystztof Penderecki). Paul Thomas Andersons Film atmet das Epische – und ist dabei so souverän, so packend, dass die Kühle und Strenge dieses 160 Minuten langen Films kaum auffällt. Hier wagt ein Regisseur, auf Augenhöhe mit den Mythenproduzenten Amerikas wie Welles, Huston, Kubrick oder Scorsese, den großen Wurf – das endgültige Werk, das all die Probleme unserer Zeit raffiniert verdichtet auf einen mythologischen Zweikampf zwischen Ölmann und Glaubensmann.

Die immer in Bewegung bleibende Kamera beobachtet dabei Szenarien, die Ängste hervorstoßen, welche am liebsten verdrängt werden wollen. Ein brennender, bald in sich zusammenfallender Ölturm mag der Höhepunkt dieses gekonnten Spiels mit dem Bildmaterial des kollektiven, gesellschaftlichen Unbewussten sein.

Genauso erschüttert die unfassbare Leere der Figuren. Ein Vater, der seinen durch eine Explosion tauben und so behinderten Sohn im Zug aussetzt. Ein Prediger, der für Geld seinen Glauben verhöhnt.
Dieser Film wird beherrscht von grausamen Demütigungen, die in ein kaum zu ertragendes, folgerichtiges Ende münden, das im Jahr 1927 spielt. Ein Zeichen eines zwar von der Vergangenheit handelnden, aber durch und durch in der Gegenwart zu verortenden Films?
Ist diese Offenlegung der großen weiten Wunde des Kapitalismus also eine letzte, in Film gegossene Warnung?

Auf jeden Fall ist There Will Be Blood, mit dem großartigen Daniel Day Lewis, dem nicht minder faszinierenden Paul Dano, der präziseste Kommentar zu einer Zeit, die von den Ursprüngen ihrer Entstehung nur noch fahle Geschichten kennt.




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