Lob der Sensibilität (4)
Verteidigung der Sensibilität vor den Tücken der Sentimentalität Der Sensible unterscheidet sich vom Sentimentalen schon dadurch, dass er eher die Einsamkeit sucht, oder zumindest mit Einsamkeit besser zu Recht kommt. Der Sentimentale kann nicht allein sein. Er fürchtet sich davor, denn er braucht ein Ventil für seine Gefühle. In Wahrheit fühlt der sentimentale Mensch erst durch den Spiegel eines Anderen. Spricht er nicht über seine Gefühle, dann fühlt er nicht. Ganz anders der sensible Mensch: Er muss sich von Zeit zu Zeit in Einsamkeit flüchten, weil ihn die vielen Reize, die ihn umgeben – Signale, die seine Seele berühren und seinen Körper aufwühlen –, überfordern. Deshalb hat der Sensible auch eine völlig andere Beziehung zur Natur als zum Beispiel der Sentimentale. Der empfindsame Mensch, hier irrten die Romantiker, flüchtet nicht in Waldeinsamkeit, um sein Gemüt anzuregen. Vielmehr ist der Sensible gegenüber der Natur und ihren komplexen Prozessen mit Ehrfurcht erfüllt. Di