Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Man ist sich der eigenen Rückständigkeit ja durchaus bewusst. Wir leben wohl in Zeiten, die es kaum verzeihen, wenn nicht ständig alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, jeder Winkel vermessen und zudem noch jeder Gedanke über die Schmerzgrenze hinaus zu einem Ende gedacht worden ist. Wie schön wäre es also, mehr, deutlicher, tiefgreifender zu schreiben und den eigenen Ideen nachforschen zu können. Aber mir gelingt das zu selten. Vieles bleibt brach liegen. Manches darf sich an der klammen Hoffnung erfreuen, in Notizbüchlein für eine unbekannte Zukunft hinterlegt zu werden.

Vielleicht wäre es besser, dass man sich nicht über das definierte, was man tut, hofft, glaubt und was auch immer, sondern was man tun wollte, hoffen würde, glauben könnte. Und so sind vielleicht die verschütteten Werke, die wir nicht sehen können - aber manchmal zu erahnen glauben - bedeutsamer, als zunächst geglaubt.

Vieles wollte ich in der letzten Zeit auf Papier niederschreiben, aber ich habe nicht die Zeit dafür gefunden. Oder wohl eher: Ich habe mir nicht die Zeit dafür genommen. Ich beklage das nicht, weil es keinen Sinn ergibt, das zu tun.

So wie sich im Leben manche Jahre aneinander reihen, die (oft schmerzhaft) ereignislos verlaufen und in denen man sich nicht in der Lage glaubt, die eigenen Probleme auch nur ansatzweise zu lösen, gilt dies wohl auch für die gedankengetriebene Welt des Schreibens. Manchmal gelingt mit Zauberkraft und ungezwungener Leichtigkeit, was andernfalls selbst mit größter Anstrengung nicht möglich ist. Wie gesagt: Es hilft wenig, das zu bedauern. Vielmehr sollte man die Regeln dieses Spiels akzeptieren - und handeln, wenn es möglich ist. Auf das Schreiben bezogen hieße dies, sich um die Stoffe zu bemühen, die nicht geschrieben sind, die noch nicht vollendet sein können und vielleicht als geordnete Idee niemals das Licht der Welt erblicken werden. Mit anderen Worten: 

An das Unsichtbare glauben (und es, wenn möglich, sichtbar machen) und nicht dem Schein des Sichtbaren blind vertrauen. 

Sich den Fragmenten zu entziehen und altklug nur den vollendeten Werken zu folgen, wäre ein Fehler, der nicht nur Kafka aus unserem Geistesuniversum verbannen würde.

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