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Es werden Posts vom August, 2017 angezeigt.

David Lynch von A-Z: Sex

Fernab von voyeuristischen Kategorien, die eine Betrachtung dieses Gegenstandes ganz von selbst mit sich bringen, kann man ohne Scham behaupten, dass Lynch einige der schönsten, aber auch bizarrsten Sex-Szenen der Filmgeschichte inszeniert hat.  Angefangen von der Unzahl an Sex- und Geburtsakt-Metaphern in „Eraserhead“ (die in einen Traum gipfeln, in dem die Angst vor der Sexualität auf ganz und gar erschreckende Weise visualisiert wird) über die  Vergewaltigung in „Blue Velvet“, in der der von Dennis Hopper gespielte Frank Booth wie ein Tier über Dorothy Vallens (Isabella Rossellini) herfällt, bis hin zu „Mulholland Drive“, in dem nicht nur lesbischer Sex für einen vermeintlichen Mainstream-Film auffällig dezent inszeniert erscheint, sondern der auch (selten genug im Kino, aber längst nicht mehr so Aufsehen erregend wie in „Das Schweigen“ von Ingmar Bergman) eine Szene weiblicher Masturbation zeigt, gibt es unzählige Varianten der Sex-Darstellung und -Reflexion in Lynchs Filmen

David Lynch von A-Z: Rita

Es ist eine der Schlüsselszenen in „Mulholland Drive“, die den Film als Hommage und tragikomische Parodie auf die großen Zeiten der Traumfabrik (und vor allem auch „Sunset Boulevard von Billy Wilder) positioniert: Weil eine Frau nach einem Autounfall ihr Gedächtnis verloren hat und nicht mehr weiß, wie sie heißt, erblickt sie ein Poster des Films „Gilda“ mit Rita Hayworth und nennt sich von dem Zeitpunkt an „Rita“; Man hat es Lynch oft vorgeworfen, dass seine Frauenfiguren mit einer gewissen Holzschnittartigkeit bestimmte Rollen einnehmen, oft im Kontrast zueinander die naive, asexuelle Blonde und die geheimnisvolle, sexuell vielseitige Brünette. Natürlich geht dieser Vorwurf niemals vollständig auf (man denke nur an die ambivalente weibliche Besetzung in „Twin Peaks“), doch Tatsache ist, dass Lynch die Frauen in seinen Filmen mit großer Zärtlichkeit und auch einer gewissen Neugierde betrachtet.  Geheimnisumwitterte Frauenfiguren Wie und warum sie handeln, ist stets das

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David Lynch von A-Z: Qual

Lynch-Filme sind nicht ohne einen gewissen Hang zum Masochismus zu ertragen. Das liegt auch daran, dass seine Figuren selbst im Teufelskreis der Schmerzerfahrungen (seien sie nun selbst erlebt, beobachtet oder anderen zugefügt) eingezwängt sind. Außerdem enthalten alle Stoffe des Filmemachers unter ihrer abstrakten, audiovisuellen, ausgefeilten Oberfläche stets einen tragischen Kern.  „Twin Peaks – Der Film (Fire Walk With Me)“, unter Fans einer der umstrittensten Filme Lynchs, in der Retrospektive aber wohl einer seiner interessantesten, enthüllt mit wesentlich düsteren Bildern als die Serie, dass sich hinter der Geschichte um die ermordete Stadtschönheit auch das Drama um eine in den verschiedensten Formen missbrauchte junge Frau verbirgt und der erschreckende Kreislauf von Geld, Drogen und Prostitution in jedem idyllischen Ort (oder, so will es uns Lynch weismachen, gerade dort!) Einzug erhalten kann.  Diktatur des Blicks Die größte Qual mag für den Zuschauer aber sein,

Wer Angst vor Spoilern hat, ist nie wirklich erwachsen geworden

Seit Jahren tobt im Internet die kollektiv geteilte Wut über die so genannten Spoiler, bei denen dreist verraten wird, was in einer Serienepisode oder in einem Blockbuster-Kinofilm passiert. Journalisten überlegen sich inzwischen zweimal, was sie über einen neuen Film erzählen, um ja niemanden zu verschrecken. Andere Medien spielen gerade mit der Neugier vieler Fans und lancieren geschickt – vor allem in den sozialen Netzwerken – Artikel, die so viel wie möglich verraten, oder wenigstens so tun.  Es ist aber lächerlich, wenn sich erwachsene Menschen beleidigt fühlen wie ein Kind, dem man den Lutscher wegnimmt, nur weil sie schon vorzeitig ein Handlungsdetail erfahren. Der Wert eines Kunstwerks oder Unterhaltungsstücks bemisst sich nun einmal nicht nur an den Plotpoints. Natürlich ist es ärgerlich, wenn das Filmvergnügen – das ja zu einem großen Teil seinen Reiz aus überraschenden Wendungen oder erschreckenden Enden zieht – durch Spoiler geschmälert wird. Doch führt der Hype um

David Lynch von A-Z: Publikum

David Lynch: „Ich weiß nicht, was ich dem Publikum sagen will. Ich zeige auf der Leinwand Gedanken und Vorstellungen, die mich beschäftigen. Ich kann einfach nicht verstehen, weshalb die Leute um jeden Preis einen Sinn in der Kunst finden wollen, während sie sich längst damit abgefunden haben, dass es ihn im Leben nicht gibt.“ Trotz aller Sperrig- und Rätselhaftigkeit, trotz all der versponnen Bildideen und der Lust an der Provokation: David Lynchs Filme sind Publikumsfilme wie sie im Buche stehen, denn sie leben von der Reaktion der Zuschauer, ziehen sie mit in den Erzählfluss hinein, so wie die Kamera in Ohren oder Kästchen zoomt. Bei Vorstellungen von „Mulholland Drive“ sollen Zuschauer lauthals angefangen haben zu lachen, als die obskure letzte Szene lief und der Bildschirm plötzlich schwarz war, alle Fragen aber offen blieben.  Natürlich spielt Lynch, wie es ja auch Hitchcock tat, mit den Erwartungen der Zuschauer – wenn es nach dem Regisseur gegangen wäre, hätte man

Verloren

Der Melancholiker ist stets auf der Suche nach etwas, das er verloren glaubt. Doch tatsächlich wird er nie herausfinden, was das ist.