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Worte eines Jahres

Adieu, Tempelhof Inzest-Monster Postdemokratie Finanzkrise Autokrise Kreditkrise Bankenkrise Lehman-Brothers Raucher-Club Feuchtgebiete Überwachungskonzern TSG 1899 Hoffenheim Märtyrerin des modernen Pakistan Bayreuth-Seifenoper Links-Block verhindern! Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen! Free Tibet Drive-by-Mitleid Die Wohlgesinnten Yes, we can! Nokia-Rückzug Steuer-Affäre Liechtenstein Gaza Mumbai Südossetien Müll-Krieg von Neapel Gomorra Ein Castro geht, ein anderer kommt Der Präsident und das Model Emma Nargiz 7. 8 auf der Richterskala Milchrebellen Diäten-Diät 9.69 8x Gold Störung- Die Leitungen aus Basel sind unterbrochen Spanair Mugabe Karadzic Nein! 1,8 Promille Bahn-Bashing Ich nehme diesen Preis nicht an! Kabelbrand Flughafenbesetzung Piraten Derrick ist tot CSU: 43% Abgang vom Schwielowsee Third Amazon Kindle I kissed a girl and I liked it Ein Quantum Trost Guitar-Hero CERN There will be blood Weltpräsident Kunstmarkt Rendite Es wird keine

Der musikfreie Tag

Alles still. Kein Radio. Keine Instrumente. Keine Pfiffe. Kein Summen. Kein Fingerschnippen. Keine Musik im Ohr! Für einen Tag soll alles schweigen . Damit wir uns besinnen auf die Kraft und die Magie der Musik. Denn diese scheint uns immer mehr verloren zu gehen. Wir vertreiben sie mit dem maßlosen Einsatz von Musik in jeder Lebens- und Gemütslage. Kein Medium, das Musik einsetzen kann, verzichtet mehr darauf, sie schamlos zu missbrauchen. Gefühlsmanagement nennt man so etwas: Sollten die Bilder nicht passen – die Musik macht sie passend. Wer sich traurig fühlt, hört traurige Musik. Oder er hört fröhliche Musik, damit er oder sie alsbald wieder fröhlich wird. Das ist eigentlich nicht problematisch. Das Problem aber beginnt dort, wo man sich daran gewöhnt, die Musik einzusetzen, als wäre sie kunst-, macht- und damit wertlos. Gedenktage gibt es für alles und jeden.  Es gibt den Tag des deutschen Bieres, den Tag des Friedhofs, den Tag des Baumes, den Tag des Butterbrotes – auch den

Trimm dich!

5, 6, 7, 8, 9, 10. Ausatmen. Während ich auf die nächsten Züge warte, meine angestrengten Muskeln entspanne und die bleischweren Plastikstäbe der Menschenschindunsmaschine freiwillig loslasse, denke ich nach über die seltsame Welt, in der ich mich befinde. Körperfabrik. Unzählige Körper wuseln vor meinen Augen über Bänder, treten gegen Plastik, beugen, dehnen, schmerzen sich, bis ihre Augen blutunterlaufen sind. Für den Leib tun sie es. Um fit zu sein, um einfach gut auszusehen. Jeder, so sagte es mir der nette Trainingsmeister bei den ersten chaotischen Übungseinheiten, hätte ja sein eigenes ästhetisches Ziel. Er seufzte diese Worte in die schweißgedehnte Luft der Lagerhalle, die früher vielleicht einmal Waffen für die Wehrmacht beheimatete. Wer weiß das schon genau. Manche schwitzen, andere nicht. Einige schwabbeln, andere sind überspannte Muskelmassen, hinter denen so etwas wie ein Gesicht noch mitleidig strahlt. Auf den Fahrrädern keuchen die einen, auf fremdartigen, außerird

Der Extrovertierte

Eine Polemik Er lächelt, lächelt, lächelt. Man kann ihn nicht kennenlernen, denn er hat einen schon längst kennengelernt. Was er einem erzählt, ist nicht wichtig. Er meint es sowieso nicht ernst – obwohl er schon alles aus seinem Leben erzählt hat, während man noch seine Gedanken sortiert. Die Rede ist vom Extrovertierten. Aber damit meine ich nicht den spontanen, ohne Nachdenken handelnden, risikobereiten, geselligen, lebhaften, selbstbewussten extrovertierten Menschen. Nein, nicht um das Temperament, um einen Typus geht es, den unsere Gesellschaft mutwillig erst erschafft. Man muss sich den Extrovertierten als einen unglücklichen Menschen vorstellen. Sein gesamtes Leben ist darauf ausgerichtet, sich selbst zu wichtig zu nehmen. Seine Meinung ist die erste, die bedeutendste – und seine Stimme lodert stets am lautesten. Stille würde dieses arme Würstchen, das sich nur in der Masse wohlfühlt, überfordern, ja vielleicht sogar umbringen. Der Extrovertierte tritt in verschiedenen V

Sündenwort - Wortsünden

Ich Ich Ich Ich ist ein anderer NeuGIERIG sein (es verzehren, verschlingen, fressen wollen) – immer mehr und noch mehr; ich denke, also fresse ich Eifersüchtig auf alles und jeden, der wegnimmt, was MIR und nur MIR gehört Strebsam – nein, ehrGEIZIG sich selbst in den Mittelpunkt von allem und jedem setzen und den eigenen Erfolg preisen, als gäbe es nichts anderes auf dem weiten, großen Erdball !!! (Versteh mich, ich meine es ernst, ernst und nochmals ernst) … (Du denkst dir hoffentlich, dass ich mit den drei Punkten, die dem Satz folgten, noch etwas gemeint habe, was du erahnen musst, das ich dir aber nicht sagen werde, denn eigentlich müsstest du es ja selbst wissen, ohne dass ich dich darauf auch nur hinweise…) Worauf mag der AufschNEIDer wohl neidisch sein? Schüchternheit kannst du dir in dieser kalten Welt nicht leisten, mein Junge. Weißt du nicht, dass du den ersten Schritt wagen musst? Wer soll ihn sonst für dich tätigen? Ich hasse , hasse , hasse , hasse arroga

Wie ein Maschinengewehr

Gedanken zum dritten Album von Portishead Für manche mag es sich angefühlt haben, als wäre diese Band namens Portishead aus dem Nichts gekommen. Als wäre dort etwas, von dem die Feuilletonisten schwärmen und die Musikkritiker eifrig dozieren, das wie ein leichtes Summen aus der Vergangenheit anmutet und seinen Weg unverhoffterweise in die Gegenwart gefunden hat. Es ist spontan von einem Meisterwerk die Rede, das in der vor sich hinkriselnden Musikwelt einen heilsamen Aufschrei auslösen könnte. Oder zumindest das beruhigende Gefühl, dass es sie noch gibt, jene perfektionistischen, einsamen Klangkünstler, denen es nicht um Präsenz und Öffentlichkeit geht – nicht um Zugänglichkeit – sondern gerade um das Gegenteil: einen autarken, eigenständigen Klangkosmos, der versperrt, anstatt einzuladen; einen Musikleerraum, der zu befüllen ist mit der brüchigen Intimität einer vermeintlichen Folksängerin (Gibbons) und den kühlen Instrumentarien zweier Tonexegeten (Barrow/Utley), die ihr Handwerk

Aufstehen!

Klack, leise, dimmdimmmdimdimdidimmmRegen, höre es genau tropftan die Scheibe, tropf, tropf, tropfMeine Augen am Liebsten schließenaber geht nichtscheißeverdammte – I don’t know what I do without you I can’t see nothing good – Aufstehen odernichtNichtMussaber Mir brennen die Lippen, trocken sind sieIch möchte aber nicht alleine dort sitzen, langweile mich doch dann nurMuss auf die Toilette, dringend – sehe die kleinenTropfen, hasse sie und ihren demütigen Lauf dem Erdboden entgegenKann nicht aufstehen, willMuss liegen bleiben, weiterschlafen – Warum hat sie es nicht anders ausdrücken können, mit diesen blöden WortenHat sie gemeint, dass ich einfach verschwinden sollWeg aus ihrem Leben?Rücken schmerzt furchtbar, noch mehr als gesternKopfschmerzen scheinen aber weg zu seinHoffentlich bleiben sie esSchlaf gut hat sie gesagt und doch eigentlich das Gegenteil gemeint – Was sie wohl jetzt macht?Wahrscheinlich schläft sie nochKopfschmerzen, sind ja doch noch da, bitte verschwinde GeistWo is

There Will Be Blood

Zu Beginn steht ein Mann, der mit der Spitzhacke massives Gestein bearbeitet. Er sucht etwas. Und er wird es finden. – Öl! There Will Be Blood ist vielleicht das ergreifendste Kinoereignis dieses Jahrzehnts; es ist eine mutige, donnernde, sublime Auseinadersetzung mit dem Schmierstoff des amerikanischen Strebens nach Macht, Geld und Geltung. Vielmehr noch ist dieses gewaltige Porträt zweier Männer – nicht gut und böse, sondern zwei gleichsam der Gier verfallene Getriebene – ein wahngesteuertes Epos, das seinen Platz nur im Kino, auf der großen Leinwand, haben kann. Kein Film in den letzten Jahren besaß den Mut, Amerika, den mythologischen Kern des amerikanischen Kapitalismus, derart zu entblößen und zu reduzieren auf eine Geschichte, deren Figuren – zugleich Archetypen des ewigen Fortschrittsgeistes und des entgegengesetzten und rückwärtsgewandten Strebens nach einem manifesten Glauben – im unendlichen Schlamm der Vergangenheit waten. Unvergessliche, dringliche, dazu physisch sp

Bekenntnis eines Masochisten

Nein, nicht im Sinne eines darniederliegenden Ohnmächtigen, der um Schmerzen winselt und um Gnade fleht – nicht zu verstehen als verdroschener Lustgeplagter, der sein Heil und seine Befriedigung nur aus der Unterdrückung ziehen kann – auch nicht zu missverstehen als Absage an das Handeln und als blinden Wunsch, geführt zu werden – noch weniger zu begreifen als Wunsch, zu verschwinden, zum Atom unter vielen zu zerbröseln – nein, ganz anders und in Ermanglung eines richtigen Begriffes nur mit dem vieldeutigen Ausdruck Masochist bedruckt (psychoanalytisch gestempelt, sexualpsychologisch gewertet), bekenne ich mich zu einer Form des Schmerzverständnisses, das bar jeder infantilen Strebung nach Lust, entfernt vom permanenten hedonistischen Gipfelsturm, die Tragik des Lebens in sich aufsaugt und hie und da verkleinert oder energisch vergrößert. Mein Masochismus ist kein Katechismus des Leids, sondern das Meditieren eines Schmerzensmannes. Die Sehnsucht dahinter ist der Versuch, in den Ker

Ritual

Morgens früh aufstehen, pünktlich um fünf, abends ins Bett, immer um elf, samstags was trinken, aber nicht zuviel, immer sonntags ein Ei, dienstags ins Kino (weil’s da billig ist) und mittwochs Fußball – gern auch in der Kneipe, dagegen Entspannung: Sex am frühen Morgen, immer am Samstag (da kann man lang schlafen), montags dann einmal die Woche wenigstens die Zeitung gelesen, bei BILD aber wenigstens jeden Tag auf die Schlagzeile geglotzt, Abendtelenovela ebenso wie Tagesschau (manchmal auch später, dann Caren oder auch Burow), Frühstücksradiogedudel immer mit Joghurt, niemals mit Kaffee, den gibt’s später, wenn auch in Maßen (immer nur zwei, einer dann später), Milch dazu, aber keinen Zucker, abends dann die Beine massieren, ein Glas Wasser (tut’s auch Kakao?) neben das Bett, gleichsam das Kissen geschüttelt, es darf nicht zu hart sein, muss weich sein wie das Sonntagsei oder der Händedruck des Nachbarn, donnerstags spielt man Karten, immer zu viert und dazu gibt’s Bier, täglich a